neo-pictorialismus


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Mit meinen Arbeiten knüpfe ich an eine Stilrichtung in der Geschichte der Fotografie des ausgehenden 19. Jahrhunderts, den Pictorialismus an. Er wurde damals von einigen Fotografen als vollwertiges künstlerisches Ausdrucksmittel und als Konkurrenz zur Malerei verstanden (H. P. Robinson, 1869). Fotografische Bilder, so sagt Robinson, hätten das Potenzial, der "Imagination des Künstlers" Ausdruck zu verleihen. Diese Tradition greife ich auf und versuche sie mit den Möglichkeiten, die mir die heutige digitale Kameratechnik bietet, neu zu beleben.

Die Schwerpunkte meiner Arbeiten liegen nicht auf Manipulation und Bearbeitung der digitalen Bilder. Der Beginn des Bildprozesses liegt „in den Momenten, in denen sich alles zusammenfügt: Umstände, Ort, Motiv, innere Beziehungen - Momente, die einzigartig und besonders sind.“ (1). „Das Bild entsteht durch die Codes, welche sich auf visuelle Wahrnehmungsbedingungen beziehen ... die fotografische Bildentstehung beginnt nicht irgendwo beim Gegenstand, sondern bereits im Sehzentrum des Fotografen“ (2). Die Kamera mutiert in diesen Augenblicken zu einem Werkzeug, zum digitalen Pinsel. Dieser „Pinsel“ erfasst die Formen und Farben der Objekte, saugt sie geradezu auf, verfolgt ihre Spuren durch seine Bewegungen und erfasst gleichzeitig auch die Plastizität der Objekte.

Ein weiteres wesentliches Merkmal meiner Arbeiten ist die Unschärfe als eigentliches Gestaltungsmittel des digitalen Pinsels. „Das Verschwommene verhält sich zum Deutlichen wie die Hoffnung zur Übersättigung“ (3). Die Unschärfe war in der Geschichte der Kunst schon immer ein zentrales Problem im Verhältnis von Bild, Wirklichkeit und Wahrnehmung seit der Renaissance. Viele zeitgenössische Künstler beeinflussen die Malerei und die Fotografie gegenseitig, hybridisieren sie geradezu und schaffen vielfach ein „Crossover“. „Die Fotografie ist die Entmaterialisierung der Malerei oder: Fotografie ist Malerei mit anderen Mittel, ist „Malerei ohne Malerei“ (4).

(1) Michael Kenna: In Photo-wisdom, Hrsg. Lewis Blackwell, Düsseldorf, 2009. S. 138

(2) Leopold Rombach: Zehn Sätze zur Fotografie. In Kunstforum International, Band 30, 1978, S. 48

(3) Robert de la Sizeranne: Ist Fotografie eine Kunst? (1897) In: Texte zur Theorie der Fotografie, Hrsg. Bernd Stiegler, Stuttgart 2010. S. 138

(4) Ulrike Lehmann: Malerei in der Fotografie, In Kunstforum International, Band 164, 1978. S. 353

© Wolfgang Bauer, März 2017


© 2021 Wolfgang Bauer D-94496 Ortenburg, Germany
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